Remote Therapeutic Monitoring: Grosses Potenzial für die Schweizer Physiotherapie

RTM (deutsch: therapeutische Fernüberwachung) ist ein neuer Ansatz für eine nahtlose, effektive und kosteneffiziente Patientenversorgung. In diesem Artikel besprechen wir die Funktionsweise und Vorteile von RTM.

20.10.236min Lesezeit
    Junge Physiotherapeutin praktiziert therapeutische Fernüberwachung (RTM).

    Als eigenständige Disziplin der Schulmedizin gehört die Physiotherapie zur Grundversorgung und macht somit einen unentbehrlichen Teil unseres Gesundheitssystems aus. Durch Physiotherapie werden Schmerzen am Bewegungsapparat konservativ behandelt und unsere Mobilität und Selbstständigkeit im Alter, nach einem Unfall oder einer Krankheit, bleibt erhalten. Dadurch kann invasiven, kostspieligen und langwierigen Operationen effektiv vorgebeugt werden. 

    Die Arbeitsbedingungen für Physiotherapeut*innen lassen allerdings zu wünschen übrig. Ihr Arbeitsalltag ist von Zeitdruck geprägt, sie verrichten eine anspruchsvolle Arbeit mit vielen Überstunden und verdienen trotz aufwändigem Studium und Weiterbildungen unterdurchschnittlich. Gemäss dem Schweizer Radio und Fernsehen SRF berichtet der Verband Physioswiss, dass der Fachpersonalmangel steigt - es werden nur etwa halb so viele Physiotherapeuten ausgebildet, wie in der Schweiz benötigt würden. 

    Es wird vermutet, dass diese Diskrepanz in Nachfrage und Angebot unter Anderem deshalb besteht, weil der Bedarf an Physiotherapeut*innen in den letzten Jahren zugenommen hat. Dieser erhöhte Bedarf ist darauf zurückzuführen, dass die Politik vorsieht, in den Spitälern vorzugsweise ambulant als stationär zu behandeln. Dies führt wiederum dazu, dass Patienten auf eine intensivere Betreuung ausserhalb des Spitals angewiesen sind. 

    Ein weiterer grosser Faktor für diesen Mangel an Physiotherapeuten ist die nicht vergütete Unterstützung der Heimtherapie, welche viele Therapeut*innen schon heute leisten. Diese können sie jedoch wegen fehlender zeitlicher und finanzieller Ressourcen nur begrenzt ausüben. Hinzu kommt die unbezahlte administrative Arbeit, wie beispielsweise das Lesen und Verfassen von Patienten- und Verlaufsdokumentationen, Absprachen mit anderen Fachpersonen oder Instruktion von Angehörigen, die in Abwesenheit des Patienten vollbracht werden muss. Die aktuell vom Bundesrat vorgeschlagene Tarifänderung wäre hier eine zusätzliche existentielle Bedrohung für den Beruf.

    An dieser Stelle kommt das Remote Therapeutic Monitoring (RTM) ins Spiel. Das Modell hat bereits in den USA Anklang gefunden, wo sich gemäss der führenden RTM-Plattform WebPT bereits 16% aller US-Physiotherapeut*innen RTM zu Nutzen machen können. Dabei profitieren sie von 7-10 vergüteten Arbeitsstunden pro Woche, welche sie durch Remote Therapeutic Monitoring flexibel leisten können. Ein zusätzliches Plus von RTM? Die Dokumentation wird zu grossen Teilen automatisiert, wodurch viel Zeit und Aufwand gespart werden kann. Das entlastet die Therapeut*innen und gibt ihnen die Möglichkeit, sich wieder auf das wirklich Wichtige zu konzentrieren: ihre Patienten.

    Physiotherapeut instruiert jungen Mann beim Ausfallschritt.
    Physiotherapeut*innen sind ein unentbehrlicher Teil unseres Gesundheitssystems.

    Was ist Remote Therapeutic Monitoring?

    Beim Remote Therapeutic Monitoring (deutsch: therapeutische Fernüberwachung) handelt es sich um den Einsatz von Technologie zur Verbindung von Gesundheitsfachpersonen und Patient*innen zwischen den regulären Arzt- oder Therapieterminen. Die therapeutische Fernüberwachung dient hauptsächlich für das Management chronischer Krankheiten, die postakute Versorgung und die Gesundheitsförderung. Das Modell ermöglicht den Gesundheitsfachpersonen, die Einhaltung des Behandlungsplans (inklusive Medikamenteneinnahme oder Lebensgewohnheiten) sowie die Funktion des Bewegungsapparats oder des Atemsystems zu überwachen. Die therapeutische Fernüberwachung konzentriert sich auf nicht-physiologische Daten, wie zum Beispiel die Verfolgung von Schmerzzuständen und physiotherapeutischen Trainingsprogrammen.

    Das Ziel für RTM in der Schweiz: Die Gewährleistung einer effektiven, nahtlosen und kosteneffizienten medizinischen Behandlung. Therapeut*innen können dadurch sicherstellen, dass ihre Behandlung richtig ausgeführt wird. Für diese neue, wirksamere Fallbegleitung sollen Fachkräfte zukünftig auch fair vergütet werden. Das RTM-Modell eignet sich vor allem für Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Sprachtherapeuten und ist - wie zuvor erwähnt - in den USA bereits erfolgreich angelaufen.

    Was ist der Unterschied zwischen RTM und RPM?

    Remote Therapeutic Monitoring (RTM) ist nicht mit Remote Patient Monitoring (RPM) zu verwechseln. Nachfolgend werden die Unterschiede zwischen den beiden erklärt.

    Remote Patient Monitoring

    Remote Patient Monitoring (Fernüberwachung von Patienten) ist mit Remote Therapeutic Monitoring vergleichbar, da bei beiden Modellen technische Hilfsmittel eingesetzt werden, um die Patientenversorgung ausserhalb der Arzt- oder Physiopraxis virtuell zu verfolgen und zu überprüfen. Allerdings steht beim RPM in der Regel die Überwachung physiologischer Daten wie beispielsweise Gewicht, Blutzucker, Blutdruck, Sauerstoffgehalt und Herzschlag im Fokus. Dabei werden spezielle Fernüberwachungsgeräte angewandt. RPM wird häufig zur Überwachung von Patienten mit Erkrankungen wie Diabetes, COPD, Herzerkrankungen oder Bluthochdruck verwendet. 

    Remote Therapeutic Monitoring

    Remote Therapeutic Monitoring hingegen ermöglicht Fachpersonen die Überwachung nicht-physiologischer Daten wie zum Beispiel Bewegung, Muskeleinsatz und die Wirkung der verordneten Therapie. Ein weiterer wesentlicher Unterschied zwischen RPM und RTM besteht darin, dass die Patienten im Rahmen eines RTM-Programms subjektive Daten wie zum Beispiel Schmerzempfindung selbst melden können, während RPM-Programme nur die automatische Übertragung von Daten wie beispielsweise Blutdruck zulassen.

    Frau nutzt Remote Therapeutic Monitoring für therapeutische Bewegung zu Hause.
    Therapeutische Fernüberwachung hilft dabei, die Wirksamkeit der Behandlung zu steigern.

    So profitieren Patienten von RTM

    Gesteigertes Engagement:

    Vielen Ärzt*innen und Therapeut*innen ist es bewusst, dass sich Patienten ausserhalb der Praxis nicht immer an ihre Behandlungspläne halten und somit ihre Genesungsziele nicht vollständig erreichen. Diverse Studien haben gezeigt, dass dies daran liegt, dass die Übungen zu anspruchsvoll sind und es Patient*innen ohne Aufsicht und Ermutigung von Therapeut*in schwer fällt, den anspruchsvollen Trainingsplan zwischen den regulären Therapieterminen zuhause einzuhalten. RTM überbrückt die Distanz von der Praxis und dem Zuhause des Patienten und verstärkt das Verständnis, dass alles Teil desselben Behandlungsplans ist, welcher die Grundlage für eine erfolgreiche Genesung bildet. Dank dem Tracking mit RTM wird Patienten ihr Stand auf ihrem individuellen Pfad zur Besserung vor Augen gehalten, was ihnen ein Gefühl von stärkerer Eigenverantwortung und Motivation für die Befolgung von ärztlichen oder therapeutischen Anweisungen gibt.

    Geringere medizinische Kosten:

    Durch RTM wird im grossen Rahmen Geld gespart, da ein grösseres Therapievolumen ermöglicht wird, wodurch die Kosten für Facharztkonsultationen, Hospitalisierungen und langfristige Erwerbsunfähigkeit gespart werden. Im kleineren Rahmen können dadurch die mit Praxisbesuchen verbundenen Kosten eingespart werden - einschliesslich des Termins und der erforderlichen Freistellung von der Arbeit, der Organisation der Kinderbetreuung, dem Weg in die Praxis et cetera.

    Verbesserter Zugang zu einer Vielzahl von Behandlungsmöglichkeiten:

    Die Möglichkeit, aus der Ferne mit medizinischen Dienstleistern in Kontakt zu treten, baut Barrieren ab, die in der Vergangenheit die Inanspruchnahme von Leistungen verhindert haben. Ohne die Notwendigkeit zu reisen oder zu pendeln, können beispielsweise Patienten in ländlicheren Gegenden oder Personen mit körperlichen Barrieren eine gezielte, effektive Betreuung erhalten. 

    So profitieren Fachpersonen von RTM

    Steigerung der Genauigkeit von Pflegeplanung:

    Es ist eine grosse Herausforderung, in den zeitlich begrenzten persönlichen Sitzungen genügend Informationen über eine*n Patient*in zu erhalten. Aufgrund dieser Daten ist es nicht einfach, einen idealen Behandlungsplan zusammenzustellen. Fachpersonen erhalten durch RTM neue, hochwertige Informationen über den Lebensstil und die Trainingsangewohnheiten ihrer Patient*innen. Durch die Überwachung von Veränderungen der Symptome sowie Berichten von Schmerzen oder Schwierigkeiten erhalten Fachpersonen eine ganzheitliche Sichtweise, die die besten Entscheidungen für einen idealen Therapieverlauf ermöglicht.

    Bewältigung von Personalengpässen:

    Die Physiotherapie leidet aufgrund der aktuellen Umstände zunehmend unter Personalengpässen. Die Möglichkeiten, die RTM bietet, können dazu beitragen, den Personalmangel zu lindern. Durch die Nachverfolgung von Daten mithilfe von Software und Apps können Therapeut*innen die Anzahl der Termine reduzieren und ihr Personal optimal einsetzen. Da der Beruf durch RTM vielseitiger und flexibler gestaltet wird, wird er auch attraktiver für zukünftige Physiotherapeut*innen.

    Stärkung der Therapeuten-Patienten-Beziehung: 

    RTM bietet Therapeut*innen eine Möglichkeit, die Fortschritte ihrer Kundschaft zu überwachen und dadurch besser auf sie eingehen zu können. Durch ständige Rückmeldungen an und von den Patienten können Fachpersonen eine engere Beziehung zu ihren Kund*innen aufbauen und so mehr Vertrauen bei den Patient*innenen gewinnen. Diese gestärkten Beziehungen können dazu führen, dass sich der Patient stärker an den Pflegeplan hält und die Therapeutin ein besseres Verständnis für den Alltag des Patienten und die Wirkung der Behandlung entwickelt.

    Steigerung der Praxiseinnahmen: 

    Durch die Einführung von RTM können - sobald diese in der Schweiz anerkannt werden - die Einnahmen einer Physiotherapiepraxis gesteigert werden. Das Vergütungsmodell wird dadurch diversifiziert, und Krankenkassen erhalten objektiv messbare Leistungsdaten. Vor allem unter erschwerenden Umständen wie der geplanten Tarifanpassung der Physiotherapieleistungen kommt dies sehr gelegen.

    Zukunftssicherung deiner Praxis:

    Einige Therapeuten sind vielleicht etwas zögerlich, sich auf RTM oder andere digitale Gesundheitstools einzulassen, weil sie befürchten, dass ihre persönlichen Dienstleistungen dadurch überflüssig werden oder an Wert verlieren. Technologie wird jedoch niemals ersetzen, was ein Mensch in die ärztliche oder therapeutische Behandlung einbringt, und es wird immer einen Bedarf an persönlicher Behandlung sowie Fachwissen und Einblicken geben, die nur erfahrene Therapeut*innen bieten können. Es besteht allerdings die Überzeugung, dass Therapeuten, die RTM und andere fortschrittliche Modelle der vernetzten Gesundheitsversorgung nutzen, in der Zukunft diejenigen Therapeuten ersetzen, die dies nicht tun.

    Patientin und Physiotherapeutin trainieren zusammen und geben sich ein High-Five.
    RTM bringt sowohl für Patient*innen, als auch für Fachpersonen viele Vorteile.

    Das Potenzial von RTM für das Gesundheitswesen in der Schweiz: Akina ebnet den Weg

    Akina ist ein junges Start-Up im MedTech Bereich. Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, das Modell des Remote Therapeutic Monitoring in der Schweiz zugänglich zu machen und so die Patientenversorgung weiterzuentwickeln. Dies tun wir mit unserer ausgeklügelten Software Akina Cloud - einer interaktiven Plattform mit modernster KI-Technologie für therapeutisches Training zu Hause. 

    Dadurch wollen wir nicht nur das Therapieerlebnis für den Patienten verbessern und die Wirksamkeit des Trainings steigern, sondern auch den Arbeitsalltag von Physiotherapeut*innen erleichtern und ihnen die Möglichkeit geben, ihren Vergütungskatalog auszuweiten. Möchtest du mehr über Akina und unsere Plattform erfahren? Im Artikel Akina - Besser beginnt heute stellen wir unsere Mission und Software etwas detaillierter vor.

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      Über den Autor

      Content Writer

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